Plädoyer für mehr Pragmatismus und „um die Ecke denken“ – CDU-Projektgruppe spricht mit Professor Schrader über Ärztegewinnung

18. September 2023

Die Projektgruppe „Ambulante ärztliche Versorgung“ des CDU-Kreisverbandes Cloppenburg hat sich bei ihrem nächsten Treffen mit Professor Dr. Joachim Schrader ausgetauscht. Joachim Schrader war bis 2020 ärztlicher Direktor und Chefarzt der Inneren Medizin am Cloppenburger St.-Josefs-Hospital. Der international renommierte Experte für Herz-Kreislauferkrankungen ist seitdem Geschäftsführer des von ihm gegründeten Instituts für klinische Forschung, Hypertonie- und Herz-Kreislauf-Forschung (INFO GmbH), in dem Studenten und junge Ärzte forschen und promovieren können. Zudem setzt Schrader seine eigenen Forschungen fort. Ziel der CDU-Projektgruppe um Agnes Menke (Löningen), Hermann Schröer (Cloppenburg), Dirk Koopmann (Garrel), Jann Christian Hegewald (Friesoythe) und Eike Friebert (Kreisgeschäftsführer) ist es, fundierte Hintergrundinformationen von ihren Gesprächspartnern zu erhalten, um daraus möglichst konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten, die vom Landkreis und den Gemeinden vor Ort umgesetzt werden können und/oder an die zuständigen Entscheidungsträger in Bund und Land herangetragen werden. Die Projektgruppe hat dabei explizit die Versorgung im gesamten Landkreis im Blick.

Zunächst plädierte Professor Joachim Schrader vehement dafür, die Allgemeinmedizin im Medizinstudium systematisch zu stärken, wozu gute Dozenten unerlässlich seien. Vor allem auf die praktische Ausbildung komme es an. Nicht nur aus diesem Grund müsse die Kooperation zwischen Cloppenburg und der European Medical School Oldenburg (EMS) unbedingt ausgebaut werden. Auch die gute Verkehrsanbindung zwischen Cloppenburg und Oldenburg sei ein großer Standortvorteil von Cloppenburg, um junge Ärztinnen und Ärzte für die Region zu begeistern bzw. an das St.-Josefs-Hospital für eine Assistenzarzt- oder Facharztausbildung zu holen.

Entscheidend sei deshalb laut Joachim Schrader, dass Cloppenburg ein gutes Lehrkrankenhaus besitze, um auch künftig Haus- und Fachärzte für die örtliche ambulante und stationäre Versorgung in allen 13 Städten und Gemeinden im Landkreis zu gewinnen. Mit seinem Institut setze er genau hier an, sodass jungen Ärztinnen und Ärzte Leistungen angeboten würden, die es woanders nicht gebe. Und dazu zähle vor allem eine gute und persönliche Betreuung der Doktorarbeiten. So etwas gäbe es in dieser Form außerhalb von Städten mit medizinischen Universitätskliniken selten.

Genau in dieser Lebensphase, wenn parallel die private Lebensplanung beginne, müsse man dann auch ansetzen, damit junge Ärztinnen und Ärzte langfristig im Landkreis sesshaft werden. An dieser Stelle könne und müsse der Landkreis u.a. mit einer guten und verlässlichen Betreuungs- und Schulinfrastruktur punkten. Insbesondere familiengerechte Arbeitsbedingungen, wie z.B. vermehrt Teilzeitstellen, verlässliche Dienstplangestaltung, Kinderbetreuung oder Hilfen bei der Wohnraumbeschaffung müssten verbessert werden, um junge Ärztinnen und Ärzte zu gewinnen. Auch eine Reduzierung der überbordenden Bürokratie würde die Attraktivität der Arbeitsplätze erhöhen und auch mehr Zeit für die Patienten bedeuten. Ein entscheidendes Argument in einer Klinik zu arbeiten, sei eine gute und qualifizierte Facharztausbildung. Die Zulassung zur vollständigen Facharztweiterbildung erhöhe die Attraktivität der Klinik deutlich.

Skeptisch zeigte sich Professor Schrader gegenüber immer neuen monetären Anreizen zur Ärzteansiedlung. Solche Überbietungswettbewerbe zwischen verschiedenen Kommunen würden am Ende zu nichts führen. Zudem sprach er sich dafür aus, die ambulante und stationäre Versorgung nicht voneinander strikt zu trennen: „Warum kann ein Facharzt nicht auch schwere Fälle ambulant versorgen und umgekehrt?“, so Professor Schrader. Insbesondere bei schweren chronischen Erkrankungen sei eine gemeinsame intensive Betreuung oft sinnvoll.

Im Beisein vom Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Christoph Eilers dankte abschließend Projektgruppenleiter Hermann Schröer Professor Schrader für den guten Austausch und versicherte, dass der Kreisverband am wichtigen Thema der Ärztegewinnung dranbleiben werde.

Foto (CDU): v.l.n.r. Jann Christian Hegewald, Christoph Eilers MdL, Agnes Menke, Prof. Dr. Joachim Schrader, Hermann Schröer

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